Auf unserer Mitgliederversammlung am 13. April stand die Geschichte
der DSR auf dem Plan.
Es waren diesmal weniger die Aspekte des Schiffsbaus und der Schiffstypen,
als vielmehr die Entwicklung der Reederei in ihrem Personalbestand, der
Organisation des Betriebsablaufs, die Bildung der Flottenbereiche, die
Wirtschaftlichkeit des Seetransports, Entwicklung des Außenhandels und der
Frachteinnahmen, bis hin zur Umwandlung des Kombinats in eine GmbH am
18. Juni 1990, mit denen wir uns beschäftigten.
Eine große Hilfe zu diesen Thema war die Festrede von Kapitän Gerd Peters
aus Anlass des 60. Jahrestages der Gründung der DSR am 1. Juli 1952.
Die nach dem Zweiten Weltkrieg wieder existierende Schifffahrt in der Ostsee
in Mecklenburg, ging auf einen Befehl der SMAD zur Wiederaufnahme der normalen
Tätigkeit in den Häfen Wismar, Rostock und Warnemünde zurück.
Es gründeten sich wieder private Schifffahrtsunternehmen, die mit Küstenfrachtern
einen Schiffsverkehr zwischen Mecklenburg-Vorpommern und den Häfen Kiel und Lübeck
betrieben, der mit der Währungsreform endete.
Am 1. Oktober 1949 kam es zur Gründung der Deutschen Schifffahrts- und
Umschlagsbetriebszentrale. Die DSU stellte am 13. Oktober 1950 den Dampfer
„Vorwärts“ , ex. „Johann Ahrens“, Baujahr 1903, in Dienst.
Am 10.06.1952 wurde eine Aufbauleitung gebildet.
Die Gründung der DSR erfolgte dann am 1. Juli 1952. Die Reederei hatte in der
Folgezeit kurzfristige kommissarische Leitungen.
Nach 105 Ladungsreisen musste der Dampfer „Vorwärts“ am 20. April 1954 wegen
Reparaturunwürdigkeit außer Dienst gestellt werden.
Danach war die DSR einige Monate eine Reederei ohne Schiff.
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Dampfer "Vorwärts" Quelle: Brigitte Götz/Harry Wenzel Deutsche Seereederei Rostock |
Am 11 Oktober 1954 wurde mit dem Dampfer „Rostock“ der erste Neubau der DSR in
Dienst gestellt. Ihm folgte am 16.11.1954 der Dampfer „Wismar“. Beide Schiffe
gehörten zur Koluma-Serie und waren auf der Neptunwerft gebaut.
Das Leitungsproblem der Reederei war noch nicht gelöst. Erst mit der Übernahme
der Leitung der Reederei durch Wilhelm Knapp begann, trotz aller Widrigkeiten
und fehlender Unterstützung der damaligen leitenden Kader von Partei- und
Staatsführung, der zielgerichtete und strukturelle Aufbau der DSR.
Die Reederei war zu diesem Zeitpunkt in einem alten Lagerschuppen am Stadthafen
in insgesamt sieben Räumen untergebracht, räumlich getrennt von Maklerei und
Hauptbuchhaltung.
In einer Nacht- und Nebelaktion zogen er und seine Mitarbeiter in ein Haus in
der Langen Straße ein, das Umbauarbeiten zum Opfer fallen sollte. Später wurde
an dieser Stelle das „Haus der Schiffahrt“ gebaut.
Partei und Regierung beschlossen ein großes Flottenaufbauprogramm. Ab 1955 kamen
Küstenmotorschiffe in den Dienst. Am 23. Juni 1957 übergab die Warnowwerft den
ersten Neubau eines 10.000 Tonnen Schiffes, die „Frieden“ an die DSR. Ihr sollten
weitere 11 Schiffe dieser Serie für die DSR folgen.
Das größte Problem für die DSR war zu diesem Zeitpunkt die Bereitstellung der
Besatzungen für die Schiffe. In Wustrow wurde eine moderne Seefahrtsschule
aufgebaut und eine Betriebsberufsschule musste gegründet werden. In Belgien
wurden zwei Fracht- und Passagierschiffe gekauft und als „Heinrich Heine“ und
„Theodor Körner“ als Lehr- und Frachtschiffe in Fahrt gebracht.
1952: | |||
An Bord | In der Verwatung | Lehrlinge | Gesamt |
21 Seeleute | 14 Mitarbeiter | 1 | 36 Personen |
1954: | |||
An Bord | In der Verwatung | Lehrlinge/ Lehrer | Gesamt |
682 Seeleute | 166 Mitarbeiter | 22/6 | 854 Personen |
Das staatliche Schiffsankaufprogramm genügte nicht mehr den steigenden
Anforderungen des Außenhandels. Eingeleitete Maßnahmen, wie zum Beispiel die
„Steckenpferd-Bewegung“, hatten zum Ziel, den 1956 aufgestellten Investitionsplan
für die Schifffahrt bis 1960 zu erfüllen. Es waren hierfür 60 Schiffe verschiedener
Schiffstypen neu in den Dienst der DSR zu stellen.
Der Personalbedarf war groß. Es wurden benötigt:
-300 nautische Offiziere und Kapitäne,
-300 technische Offiziere und leitende Ingenieure
-50 Funkoffiziere, 50 E- Ingenieure, Ärzte und Verwaltungsoffiziere
-2000 Mannschaftsmitglieder
-Verwaltungspersonal mit Fach- und Hochschulabschluss
Auch der Stadthafen Rostock und der Seehafen Wismar genügten nicht mehr den
Anforderungen. Im Oktober 1957 beschloss die 33. Tagung des ZK der SED den Bau
des Überseehafens Rostock.
Der Aufbau der DSR war aber auch ein nicht nur von Erfolgen gekrönter Prozess.
So ist bekannt, dass im Jahr 1957 die Schiffe der Handelsflotte von 6.899 möglichen
Einsatztagen an 1.289 Tagen durch Werft- bzw. Bordreparaturen ausfielen. Dies
änderte sich auch nicht so schnell. So lag die MS „Dresden“, das Traditionsschiff,
im Jahr 1959/60 8,5 Monate zu Reparaturarbeiten in der Warnowwerft. Andere Typ
IV- Schiffneubauten hatte nach der Rückkehr von ihrer ersten Reise in
Einzelfällen mitunter 1000 Mängelrügen.
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Plakat der DSR Quelle: Brigitte Götz/Harry Wenzel Deutsche Seereederei Rostock |
Trotz all dieser Probleme begann die Reederei Liniendienste einzurichten.
1956 nach Westfinnland. 1958 wurde ein Liniendienst DDR-Südamerika/Ostküste und
weiterte Dienste nach Albanien und Ägypten eingerichtet.
In diese Zeit fielen auch Erstanläufe von Typ IV-Schiffen in Häfen in Südost-Asien
und Afrika.
In den nächsten etablierte sich die DSR in den internationalen Liniendiensten.
Waren Frachter der Reederei in der ersten Jahren in den Liniendiensten noch
Außenseiter, erhielten sie später den Status von Toleradet Outsider, geduldeter
Außenseiter, erfolgte nach und nach die Aufnahme in die Internationalen
Schifffahrtskonferenzen und die Aufnahme in Pools.
Die Bonität der Reederei stand nicht im Zweifel.
Die DSR errang nicht nur Erfolge, sondern hatte auch schmerzliche Verluste zu
ertragen. Wetterbedingt oder durch menschliches Versagen verloren beim Untergang
des MS „Fiete Schulze“, des MS „Capella“, des MS „Stubbenkammer“ und des
MT „Böhlen“ Seeleute und Besatzungsmitglieder ihr Leben.
Durch den Ankauf von Tankern, Kühlschiffen und Massengutfrachtern Ende der 50er
und Anfang der 60er Jahre setzte die DSR ihren Weg in Richtung Universalreederei fort.
Quelle: Festrede Kapitän Gerd Peters zum 60. Jahrestag der Gründung der DSR
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